Wie „verkorkst“ die Sitzung der Gemeindevertretung am 20. September d.J. durch ein ungewöhnlich und unangemessen großes Polizeiaufgebot begonnen hatte, habe ich hier bereits geschildert.
Die Sitzung eskalierte dann nach meiner Beobachtung aufgrund der mangelnden souveränen und überparteilichen Leitung durch Dr. Kalinka (B90/Die Grünen) in einer Art und Weise, wie es so noch nicht vorgekommen ist.
Dr. Kalinka hat bei seiner Wahl am 16. Oktober 2008 einen großen Vertrauensvorschuss erhalten. Von insgesamt 33 Abgeordneten votierten 25 für und nur 2 gegen ihn, 2 Stimmzettel waren ungültig; 4 Gemeindevertreter fehlten bei der Abstimmung entschuldigt.
Auch ich habe ihm seinerzeit meine Stimme gegeben, weil ich ihm diese Aufgabe zugetraut hatte. Zugetraut her von seinem Intellekt, wobei sein akademischer Titel für mich dabei nicht ausschlaggebend war. Er ist einer der Zusammenhänge verstehen und Schlussfolgerungen daraus ziehen kann, ob immer nach meinem Geschmack ist dabei nicht wichtig. Zudem hatte er in der vorhergehenden Legislaturperiode nicht unbedingt eine auffällige Parteinahme erkennen lassen, nehmen wir einzelne Entscheidungen einmal aus. Er war zu jener Zeit auch Mitglied einer gemeinsamen Fraktion mit dem BürgerBündnis Blankenfelde, Fraktionsvorsitzender war auch damals schon Bernd Heimberger.
Kalinka versprach nach seiner Wahl das hohe Amt, das ihm neben der allen Gemeindvertretern zustehenden Grunddiät von 120,-- € noch eine zusätzliche Aufwandsentschädigung von 500,-- € monatlich einbringt, überparteilich und gerecht auszuüben.
Davon ist jedoch bei mehreren Abgeordneten, die nicht zu der inoffiziellen Koalition oder Zählgemeinschaft von SPD/Grüne, Linke und CDU gehören, wenig zu spüren.
Kalinka lässt es seit Jahren an Neutralität in diesem Amt vermissen. Das er bei Abstimmungen SPD-Bürgermeister Baier aus Gründen der Koalitionstreue weitestgehend unterstützt mag man noch tolerieren. Verstehen tut man es bei bestimmten Vorlagen allerdings nicht, weder aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Grünen, noch aufgrund der offenkundigen Brisanz mancher Inhalte. Nun, da muss er letztlich selbst wissen, wie er das mit seinem G e wissen vereinbaren kann.
In Sachen Sitzungsleitung kann man hier jedoch keine Nachsicht walten lassen oder Verständnis aufbringen. Er hat hier seine politischen Vorlieben ohne wenn und aber hinten anzustellen. Punkt.
Auch in der Sitzung am 20. September enttäuschte er diese Erwartungshaltung. Der Umgang mit den Gästen, dutzenden WOBAB-Mietern, die in Sachen Kündigung des allseits geschätzten, erfolgreichen und untadeligen Geschäftsführers Thomas Bachmann gekommen waren, um Fragen zu stellen, zeugte von Überheblichkeit, Umgang quasi von oben herab mit denen, die u.U. auch ihn einmal gewählt hatten. In der tumultbedingten Unterbrechungspause ging er auf Bürger und Gemeindevertreter in einer Art und Weise zu, die von denen als Drohgebärde aufgefasst wurde. Der Karatesportler Kalinka verwechselte wohl einen Moment lang, dass er nicht im Uwagi und Zubon auf der Trainingsmatte stand, sondern in dem Saal, in dem das Gemeindeparlament tagte.
Auch seine zu Beginn getätigte Behauptung, er wüsste nicht wer die Polizei gerufen hätte, war wenig überzeugend.
Der restliche Sitzungsablauf entglitt ihm dann vollständig. Eine schwere und ungeheuerliche Provokation des Bürgermeisters Baier in Richtung meiner Person liess er unkommentiert durchgehen, statt ihn dafür zu rügen. Man darf bei einem „Parlamenstpräsidenten“ voraussetzen, dass er über die wichtigsten politischen Ereignisse einer Gemeinde informiert ist und den Vorgang, auf den Baier in perfider Art und Weise anspielte, kennt und wusste, dass er nicht zutrifft und mich nur bis „auf´s Blut“ reizen sollte.
Nun aber kollabierte die Sitzung endgültig, was durch eine besonnene Sitzungsleitung hätte vermieden werden können. Letztlich schrien sich Mitglieder fast aller Fraktionen über die Tische gegenseitig an und Kalinka schrie mit und drohte sogar Einzelnen mit Rauswurf.
Ich habe so etwas in meiner 30-jährigen politischen Arbeit noch nie erlebt!
Im italienischen, ukrainischen und russischen Parlament soll es ja sogar schon zu Kloppereien gekommen sein, soweit war es dann Gott sei Dank bei uns noch nicht.
Nun kommt es aber noch besser.
Dr. Kalinka schrieb am Freitag, den 28. September, also gut eine Woche nach diesem Tiefpunkt der politischen Arbeit einen „Kommentar“ an die Gemeindevertreter/innen
zu dieser Sitzung. Darin forderte er zukünftig zu mehr gegenseitigem „Respekt“ auf und beschwerte sich über den Umgang untereinander, wie auch seitens der Gäste gegenüber den Abgeordneten.
Zitat:
„…
Nach meinem Eindruck haben sich einige Gemeindevertreter und einige Gäste von
- dem normalem Respekt, der jedem Menschen gebührt,
- dem Respekt gegenüber frei und geheim gewählten Volksvertretern und
- dem Respekt gegenüber dieser demokratischen Institution verabschiedet
…“
und
„…Ich für meinen Teil habe es satt.
Ich denke: Selbstgerechtigkeit hat in einer Demokratie und in einem demokratischen Gremium nichts verloren. Wir sind Gleiche unter Gleichen. Jeder hat Anspruch auf die gleiche Würde, den gleichen Respekt. …“
Jede Selbstkritik liess Dr. Kalinka jedoch vermissen.
Ich antwortete ihm noch am gleichen Abend wie folgt:
Herr Dr. Kalinka,
Ihr "Kommentar" kommt reichlich spät!
Sie "beweinen" darin eine Situation, die Sie nicht nur nach meiner Beobachtung an vorderster Stelle mitzuverantworten haben.
Ihre bspw. zu Sitzungsbeginn getätigte Behauptung, Sie wüßten nicht wer die Polizei angefordert hätte war mehr als unglaubwürdig. Sie sind der Hausherr bei den Sitzungen, wie Sie ja auch nochmal in Ihrem "Kommentar" unterstrichen haben und wollen vorher nicht informiert gewesen sein wer für den massiven Polizeieinsatz verantwortlich war? Ich kann das nicht glauben! Es wäre a.m.S. zumindest die Aufgabe der Polizei gewesen, Sie vorab darüber zu informieren.
Ihre Sitzungsleitung an diesem Abend war zum wiederholten Male mehr als kritikwürdig. Sie hatten unmittelbar nach Ihrer Wahl versprochen, das Amt überparteiisch und gerecht auszuüben. Davon ist seither wenig, sehr wenig zu bemerken.
Schon wie Sie die Einwohner/innen zu Beginn der Sitzung auf die "Spielregeln" in der GV hingewiesen haben ließ tief blicken und vermittelte ihnen das Gefühl, nicht wirklich willkommen zu sein. Wie sie deren Wortmeldungen kommentiert und einzuschränken versucht haben war mehr als bezeichnend. In dieser aufgeheizten Stimmung war dies vergleichbar als wenn man Öl ins Feuer giesst.
Das gilt dann auch für den Eklat, den der Bürgermeister mit seiner provozierenden Bemerkung in meine Richtung ausgelöst hat. Ich hätte erwarten dürfen, dass sie ihn dafür rügen.
(Schon einmal habe ich Ihnen diesbezüglich Parteilichkeit vorgehalten, ich erinnere an die GV-Sitzung aus dem Juni 2009. Keine Sorge, ich bin nicht nachtragend aber ein Matthias Stefke vergisst auch nicht!)
In Ihrer Darstellung reissen Sie dann auch meine Reaktion darauf völlig aus dem Zusammenhang. Hören Sie das Band ab oder lassen Sie es Wort für Wort abtippen, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild von dem Wortgefecht, worauf Sie hier offenbar Bezug nehmen.
Sie beklagen "Selbstgerechtigkeit", "Arroganz" und "Respektlosigkeit". Wie sieht es da bei Ihnen mit einer Selbstreflexion oder Selbstkritik aus?
Wie haben Sie die fast 90jährige Frau Herzberg am 3.9. bei der Unterschriftenübergabe wie auch am 20.9. behandelt, wenn Sie sie bspw. in ihrem Alter mit junge Frau/junge Dame ansprechen? Fanden Sie das etwa in Ordnung?
Wie haben Sie Herrn Bachmann am 3.9. behandelt? Wäre es nicht Ihre Aufgabe als Hausherr gewesen, sich zu kümmern, dass der Mann nicht Ewigkeiten auf dem Treppenabsatz vor der Tür sitzen muss, sondern das man ihm für die Wartezeit bspw. eine ordentliche Sitzgelegenheit im Büro des Ortsvorstehers und ein Getränk anbietet? Mit welcher Kaltschnäuzigkeit haben Sie Herrn Bachmann mehrfach unterbrochen und letztlich den "Saft abgedreht"? Fanden Sie das etwa in Ordnung?
Angesichts nur dieser beiden Beispiele kritisieren Sie ernsthaft, dass - wen immer Sie auch meinten - andere unterbrochen und drangsaliert werden?
Die von Ihnen bejammerte "Selbstgerechtigkeit", "Arroganz" und "Respektlosigkeit" leben Sie leider vor, Herr Dr. Kalinka!
Insofern und aufgrund Ihrer bisherigen Amtsführung stehen Ihnen solche hochtrabenden Worte nicht.
Ich empfehle Ihnen, sich an Dr. Norbert Lammert, dem Bundestagspräsidenten zu orientieren. Er ist ein fraktionsübergreifend geschätzter Parlamentspräsident, der seit Amtsantritt nicht erkennen lässt, welches Parteibuch er hat. Er leitet Sitzungen effizient und mit Humor. Ja, Parlamentsarbeit/Politik kann auch Spass machen. Ich wünschte, wir hätten auch mehr Freude an unserer Aufgabe.
Abschließend möchte ich meine kritische Reaktion mit einem konstruktiven Vorschlag abschliessen:
In 2003 hatten auch wir einen sog. "Ältestenrat" in der GV. Er bestand aus den Fraktionsvorsitzenden, dem Vorsitzenden und stellv. Vorsitzenden der GV.
Dieses Gremium ist üblicherweise dazu da, derartige Probleme zu klären, ggf. auch im Rahmen einer kurzen Sitzungsunterbrechung.
Vielleicht sollten wir das wieder einführen, um einen Sitzungsverlauf wie am 20.9. - der auch nach meinem Geschmack einen negativen Höhepunkt darstellt - zukünftig zu vermeiden.
Matthias Stefke
Am nächsten Tag erschien der „Ordnungsruf“ von Dr. Kalinka an die Abgeordenten dann auch in einem Artikel der MAZ/Zossener Rundschau (siehe unten).
Darin wird u.a. auch über seine Ankündigung berichtet, zukünftig mit gelben und roten Karten arbeiten zu wollen.
Zitat:
„… Ich werde künftig für die erste Störung "Gelb" und für die zweite Störung "Rot" aussprechen, d.h. Hausverbot für die aktuelle Sitzung. …“
Na toll, an den Seitenlinien wird das „Schiedsrichtergespann“ dann vermutlich ergänzt um Vera Hellberg und Regina Bomke, nicht das dem Herrn Oberschiedsrichter an der Stirnseite ein ahndungsfähiger Zwischenruf entgeht. Und als nächstes brauchen wir dann den Kamerabeweis, um das Handspiel („…mit einer Hand auf den Bürgermeister zeigend…“ und „…mit der zweiten eine „Aufwärtsbewegung in Richtung Gäste vollziehend…“) zu dokumentieren.
Hallo geht’s noch? Reicht Dr. Kalinka´s persönliche Autorität nicht, um eine Sitzung vernünftig ablaufen lassen zu können? Offenbar nicht, sonst benötigte er solche Mäzchen nicht.
Ich für meinen Teil wie auch unsere Fraktion sind nicht mehr bereit, seine parteiliche Amtsführung hinzunehmen. Wer nicht begreift wann er an welchem Ort welche Rolle zu spielen hat ist entweder überfordert oder schlichtweg die falsche Besetzung.
Dr. Kalinka hatte 4 Jahre Zeit sich in die Rolle des Vorsitzenden der Gemeindevertretung hineinzufinden.
Er hat diese Chance leider nicht genutzt, sich stattdessen für dieses wichtige Amt disqualifiziert und ist darin nicht länger tragbar.
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